Neues von der Schallschutz-Front von Christoph Schulze
Informationsveranstaltung der Gemeindevertretung Schulzendorf am 21.8.2014 im Landkreis LDS zum Schallschutz-Programm des BER und zu den aktuell laufenden Verfahren
Viele Betroffene in Mahlow und Blankenfelde auch in Schulzendorf und Eichwalde haben Post von der Flughafengesellschaft FBB erhalten. Beziehungsweise erhalten Ankündigungen und Besuche von Ingenieurbüros, die im Auftrage der FBB unterwegs sind.
Worum geht es? Ca. 25.000 Haushalte rund um den Flughafen (das sind etwa 60. – 70.000 Menschen) haben Anspruch auf Schallschutz aufgrund der Auswirkungen des Lärms des Flughafens mitten in den Wohngebieten.
Die Flughafengesellschaft wäre eigentlich verpflichtet gewesen, diesen Schallschutz schon
2010 bzw. 2012, dem ursprünglich angekündigten Eröffnungstermin des Flughafens fertig zu stellen. Tatsächlich ist bislang faktisch nichts passiert.
Es gibt aktuell faktisch nicht einen einzigen rechtmäßig umgesetzten Schallschutz im Tag- schutz in der ganzen Region. Allein das zeigt die Dimension des Problems und auch Di- mension des Versagens durch Flughafengesellschaft und Landesregierung als Kontrollbehörde auf.
Nunmehr „flattern“ aber den Bürgern entsprechende Schreiben und „Bescheide“ ins Haus, in denen den Bürgern mitgeteilt wird, was Ihnen angeblich oder tatsächlich an Schallschutz zusteht.
Die Informationsveranstaltung der Gemeindevertretung Schulzendorf, insbesondere getragen durch die Bürgerinitiativen rund um den Flughafen, vertreten durch Herrn Eckhard Bock, Christine Dorn und Professor Geske vom Verband der Grundstücksnutzer beschäftigte sich mit der aktuellen Lage und informierte die Bürger.
1. Herr Bock referierte über die Probleme bei der Dimensionierung und insbesondere der baulichen Umsetzung und Platzierung des Schallschutzes, eine nicht zu unter- schätzende Kosten- und Sachfrage. Unsachgemäß angebrachter Schallschutz birgt die Gefahr in sich, dass in den Wänden Kondens- und Schwitzwasser entsteht und dass zukünftig das Mauerwerk durchfeuchtet wird und dass sich daraus eine Schim- melbildung und eine Schädigung des Bauwerks ergeben. Unsachgerecht ange- brachter Schallschutz erhöht die Kosten, verschlechtert aber auch die Dämmwirkung und den Wohnwert ihres Hauses. So möchte die Flughafengesellschaft unbedingt überall in den Innenräumen den Schallschutz anbringen.
Wie Herr Bock im Rahmen seines Vortrages mit Bildpräsentation ausführte, geht es dabei darum, dass an der Innenwand ihrer Zimmer eine Schallschutzschicht von 5 – 10 cm aufgebracht wird. Dadurch verkleinert sich natürlich die Zimmergröße, wie sie sich selbst ausrechnen können. Das eigentliche Problem liegt jedoch darin, dass in den Anschlussstellen zu Decke und Fußboden „Lücken und Ritzen“ sind, durch welche die warme Luft und der Wasserdampf aus dem Zimmer in das Mauerwerk ziehen kann und dieses dann vernässt. Entsprechende Studien, Gutachten und Berechnun- gen haben dies eindeutig aufgezeigt.
Warum möchte die Flughafengesellschaft unbedingt die Innendämmung? Schlicht und einfach desahlb, weil diese billig und einfach durchzuführen ist. Die Schalldäm- mung ihres Hauses von innen hat große Vorteile für die Flughafengesellschaft, weil sie wie gesagt billig und einfach durchzuführen ist. Sie hat aber klare Nachteile für die Bürgerinnen und Bürger durch Verkleinerung des Wohnraumes und der Gefahr der Vernässung der Wände.
Vielen ist es durch Freunde und aus Bekanntschaftskreisen bekannt, dass wenn Häuser unsachgemäß gedämmt werden, später Schimmelstellen an den Wänden auftreten. Wenn man nicht aufpasst wird das Problem an dieser Stelle auch stattfinden. Herr Bock führte weiterhin aus, dass es im ganzen Planfeststellungsbeschluss keinerlei Hinweis darauf gibt, dass der Bürger eine Innendämmung hinnehmen oder dulden muss. Es ist ihr Haus, ihre Wohnung und sie bestimmen, wo die Dämmung aufgebracht wird.
Noch komplizierter und komplexer ist die Schalldämmung in den Dachgeschossen. Auch hierzu machte Herr Bock anhand von technischen Zeichnungen, Literatur und Dokumentationen vorhandener Objekte Ausführungen, die aufzeigen, dass man sich sehr gut beraten lassen sollte, ehe man sich von der Flughafengesellschaft und de-ren beauftragten Ingenieuren und Fachbüros irgendetwas einreden und aufschwat- zen lässt.
Es gibt gute Lösungen für Schallschutz, auch in den Dachgeschossen, aber diese sind eben meist ein wenig aufwändiger und teurer und deswegen versucht die Flug- hafengesellschaft dies zu vermeiden und den Bürgerinnen und Bürgern die einfachen und billigen Lösungen zu präsentieren und unterzujubeln. Am Ende kann man es auf die Formel bringen: bei der Flughafengesellschaft soll alles mit Rigips gemacht wer- den. Rigips ist gut für alles. Andere Experten und Sachverständige von den Bürger- initiativen und vom Verband der deutschen Grundstücksnutzer, aber auch deutsch- landweit anerkannte Experten von anderen Institutionen haben dazu deutlich abwei- chende Meinungen, weil sie nicht interessengebunden und interessengeleitet sind, sondern sich lediglich von fachspezifischen Fragen und Antworten leiten lassen.
Das Resümee aus dem Vortrag von Herrn Bock: Seien Sie sehr vorsichtig und lassen Sie sich unabhängig beraten, wenn es um den Einbau von Schallschutz in ihrem Ge- bäude geht. Es soll nicht verzögert werden, aber Sie dürfen sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen und irgendeine Lösung aufschwatzen lassen. Denn diese Lösung, die sie jetzt akzeptieren und einbauen lassen, wird die Lösung sein, mit der Sie in den nächsten 10-30 Jahren leben müssen und Sie werden sich möglicherweise später sehr ärgern, dass Sie sich in diesem Moment zu einer Sache haben überreden oder hinreißen lassen, die nicht wirklich gut und optimal ist. Bitte vergessen Sie nicht: Sie haben schon hinreichend Nachteile aus dem ganzen Flugverkehr und deren anderen Folgen, dass sie jetzt auf einem guten beziehungsweise optimalen Schallschutz be- stehen sollten. Ansonsten verschlechtern Sie Ihre Wohnsituation und letztendlich auch den Wert Ihrer Immobilie erneut.
2. Dann machte Herr Professor Geske vom Verband der deutschen Grundstücksnutzer (VDGN) umfassende Ausführungen zur Frage der Belüftungskonzepte im Rahmen der Schalldämmung. Wenn Häuser schallgedämmt werden, heißt das nichts weiter, als das eine umfassende Wärmedämmung aufgebracht wird. Eine umfassende Wärmedämmung ist verbunden, mit einer Isolation des Hauses, nicht nur gegen
Wärmeverlust und letztendlich zur Verhinderung des Eindringens von Fluglärm in das Hau.In diesem Zusammenhang werden auch Dampfbremsen eingebaut, die letzt- endlich verhindern, dass die warme Luft in die Wände eindringt und die Wände durchdringt und durchfeuchtet, denn warme Luft enthält viel Wasser ( das wissen wir alle aus dem Badezimmer, wenn die warme Luft an den kalten Scheiben kondensiert.) Die Problematik hierbei besteht darin, dass alle stark schallgedämmten (durch Wärmedämmung) Häuser unbedingt eine Lüftungseinrichtung brauchen, denn die Luftfeuchtigkeit kann nicht mehr durch Ritzen und Spalten, an Fenstern oder Türen aus dem Haus, aus
der Wohnung entweichen. Damit würd sich die Wohnung bzw. das Gebäude über-
feuchten und irgendwo bleibt dann das Kondenswasser liegen,nämlich im Mauer- werk mit Vernässung und konsekutiver Schimmelbildung.
Um dies vermeiden gibt es ganz klare Vorschriften für Lüftungen und Lüftungskonzeptionen. Herr Prof. Geske führte aus, wie trickreich die Flughafengesellschaft hier vorgeht um auch bei der Lüftung wieder zu sparen, den Bürgerinnen und Bürgern, billigen Kram aufzuschwatzen, wo sie erst in Monaten oder Jahren merken, welche Nachteile dies für Ihre Wohnung, für Ihre Wohnqualität und auch für ihr Haus entfal- tet. Herr Prof. Geske zeigte anhand vorhandener, von der Flughafengesellschaft schon an Bürger geschickter Unterlagen auf, an welchen Stellen manipuliert und ge- trickst wird, um die Kosten herunter zu drücken. Auch hier ist höchste Wachsamkeit geboten und sollte man sich unbedingt beraten lassen. Auch hier das Fazit: Die Flughafengesellschaft versucht wieder zu tricksen und zu täuschen um die Kosten fürsich herunter zu rechnen und den Bürgern den „Schwarzen Peter“ in die Tasche zu schieben.
3. Am Schluss referierte Frau Dorn ( VUV ) die Zusammenfassung die aktuelle Lage.
Die Flughafengesellschaft hat also in den letzten Wochen und Monaten schon erheb- lich gearbeitet, dazu ist sie auch gezwungen, weil wegen der geplanten Sanierung
der Nordbahn alle umliegenden Gebäude der Südbahn (ca. 4.000 Wohneinheiten) vor Inbetriebnahme geschützt werden sollen. Dies hatte die Landesregierung, der Aufsichtsrat und die Flughafengesellschaft unter anderem im Landtag Brandenburg im Sonderausschuss mehrfach versprochen und zugesagt. Seit Wochen und Mona- ten wird bei der Flughafengesellschaft intensiv daran gearbeitet. Auch hier wieder ein klarer Plan der FBB. Nicht dass man die entsprechenden Bescheide schrittweise herausschicken würde, nein, es ist offensichtlich geplant, einen großen Teil der 4.000 Bescheide im Schwall herauszuschicken, das heißt alle Leute gleichzeitig mit den Bescheiden zu konfrontieren.
Der Hintergedanke, wie man vermuten kann, wenn alle gelichzeitig ihre Bescheide bekommen, wird jede Form von externer Beratungskapazität durch die Bürgerinitiati- ven, den VDGN oder unabhängige Schallschutz-Sachverständige nicht ausreichen, auch nur einen Bruchteil der Bürger zu beraten. Auch hier muss man wieder feststellen: planhaftes Vorgehen der FBB um die Bürgerinnen und Bürger zu benachteili- gen. Auch hier muss man wieder feststellen: Die Landeregierung Brandenburg tut nichts ( außer das Herr Görke öffentlich klagt das zu wenig passiert) , nimmt keinen Einfluss und duldet diese Vorgehen, billigt es vielleicht sogar.
An dieser Stelle sei erinnert, dass Herr Markov ( Linkspartei, damals stellv. Ministerpräsident und Finanzminister und im Aufsichtsrat der FBB) im Rahmen der Bereitstellung von 700 Millio- nen € für den Schallschutz vor ca. einem Jahr erklärt hat, dass es ja nicht zu bean- standen wäre, wenn der Flughafen die 700 Millionen nicht vollständig für den Schall- schutz braucht, dieses Geld dann anderweitig verwendet werden kann.
Ein Schelm, wer arges dabei denkt. Offensichtlich ist geplant, von diesen 700 Millio- nen gegenüber der Europäischen Union und dem Landtag avisiert und bereitgestellt worden sind, nur einen Bruchteil für Schallschutz einzusetzen um von dem restlichen Geld all die Löcher zu stopfen die durch Missmanagement und Baufehler gegraben worden sind.
Frau Dorn setzte sich dann mit den Unterlagen und den einzelnen schon herausge- gangenen Bescheiden auseinander. Auch hier ist höchste Aufmerksamkeit geboten. Frau Dorn zeigte auf, wie die Flughafengesellschaft sich an nahezu alle Zusagen, die sie gegenüber dem Dialogforum, dem Sonderausschuss des Landtages oder den Bürgerinitiativen gegeben hat, nicht einhält, sondern alle Versprechungen von gestern letztendlich als irrelevant und nicht rechtsverbindlich verworfen werden.
Die Krönung der ganzen Angelegenheit ist, dass bei den Unterlagen, die an die Bürger geschickt werden, eine Verzichtserklärung beiliegt.
Wenn ein Bürger, und davon gibt es nicht wenige, aktuell keinen Schallschutz ein- bauen lassen will, weil er erst einmal abwarten möchte, wie die Sache sich entwik- kelt, und er Zeit haben möchte. Derzeit überlegen zahlreiche Bürger, ob sie aktuell nicht auf den Schallschutz verzichten. Unter verzichten ist gemeint, dass sie die derzeitige Realisierung nicht ins Auge fassen wollen.
Wenn die besagte Verzichtserklärung aber unterschreiben wird, bedeutet dies einen kompletten und unwiderruflichen Verzicht auf jedwede Ansprüche für schallschutz gegenüber der Flughafengesellschaft. Ein Teufelspapier.
Allein die Tatsache, dass man den Unterlagen an die Bürger eine derartige Erklärung untermischt, ist schon wieder ein Politikum, das alle Größenordnungen sprengt.
Man fragt sich: wer kontrolliert diese Flughafengesellschaft noch und wer kümmert sich um das Wohl der Bürger. Die Landesregierung und deren führende politische Vertreter können es wohl offensichtlich nicht sein.
Das Resümee der Veranstaltung kann nur sein: seien Sie vorsichtig, lassen Sie sich beraten, machen Sie nichts voreiliges und vor allem: lassen sie die Ingenieure der FBB nicht unvorbereitet in Ihr Haus, weil Sie sonst bestimmte Dinge dokumentiert und behauptet werden und so aktenkundig werden, die Sie nicht mehr wegkriegen.
Insbesondere bei der Frage was Wohnraum und was Schlafraum ist, gilt es achtsam zu sein, wenn die „Ingenieure der FBB“ kommen, weil Ihnen hieraus extreme Nachteile entstehen können. An dieser Stelle sei auf die Beratungsbroschüre des VDGN (Anlage) hingewiesen, die für € 4 beim VDGN bestellen kann. Ein wertvolles Doku- ment der versammelten Sachverständigen der Bürgerinitiativen und des VDGN.
Über den Autor: Christoph Schulze ist Mitglied des Landtages Brandenburg Spitzenkandidat BVB/ Freie Wähler zur Landtagswahl 2014 und Direktkandidat im Wahlkreis 25