Das Schallschutzprogramm der FBB verfehlt in vielen uns bekannten Fällen systematisch die Schutzziele, die im Planfeststellungsbeschluss festgeschrieben sind. Die Aufsicht führende Behörde des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung kennt diese Probleme bereits seit Monaten, ist aber bisher nicht eingeschritten. Dabei muss der Behörde bewusst sein, dass ihre Pflicht zum Einschreiten durch den Wechsel von der "Kostenerstattungsvereinbarung“ (einem Vertrag) zur Anspruchsermittlung (einer Mitteilung) gewachsen ist.
Offenbar versucht die FBB in großem Stil, den Schallschutz durch Ablehnung zu erledigen, denn folgende systematische Verfehlungen treten gehäuft auf:
- Anwohner im Tagschutzgebiet sollen für Wohnräume keinerlei Schallschutz erhalten, weil die Räume angeblich nicht den Anforderungen des Baurechts genügen, zu niedrig oder zu klein sind.
- Anwohner, die früher bereits eine so genannte „Kostenerstattungsvereinbarung“ KEV der FBB erhalten hatten, werden nun mit den neuen so genannten „Anspruchsermittlungen“ ASE auf einmal deutlich schlechter gestellt, oder sollen im Extremfall sogar gar keinen Schallschutz mehr erhalten.
- Sogar bereits in der KEV anerkannte Kinderzimmer sind in der ASE nun auf einmal zu Schlafzimmern geworden und sollen nun keine Schallschutzfenster oder Dachdämmungen mehr erhalten.
- Bei Wohngebäuden, deren Eigentümer keinen Schallschutz sondern nur eine Entschädigung in Geld erhalten sollen, wird der Verkehrswert mit durchschnittlich 111.000 Euro sehr niedrig angesetzt, was den Erfahrungswerten auf dem Grundstücksmarkt im BER-Umland nicht entspricht.
- Ca. 1000 Anwohnerhaushalte haben ihre Anspruchsermittlungen nicht – wie es von der aufsichtsführenden Behörde ursprünglich gefordert wurde - fristgerecht zum Ende Oktober 14 und damit 6 Monate vor der geplanten Inbetriebnahme der Südbahn ab Mai 15 erhalten.
- Ein großes Problem ist die Schalldämmung der Wände und Decken. Den Anwohnern sollen ausschließlich Innendämmungen erstattet werden, die die Wohnfläche verkleinern und bauphysikalisch problematisch sind, obwohl Außendämmungen in der Regel das Mittel der Wahl wären und auch den flugzeugtypischen tieffrequenten Lärm viel besser dämmen können.
- Das Risiko für die fachlich richtige und mängelfreie Ausführung der Schallschutzarbeiten tragen allein die Anwohner. Für eine notwendige fachliche Begleitung durch Architekten etc. ist keine Kostenerstattung vorgesehen. Der Bürger soll die Baufirma beauftragen und geht damit ein Kostenrisiko ein, falls die FBB nicht, oder verspätet oder nicht vollständig zahlt.
Durch die bisher bekannt gewordenen vielen systematischen Verfehlungen beim Schallschutzprogramm spart die Flughafengesellschaft offen sichtlich viel Geld. Nach unserer Kenntnis liegen bislang die durchschnittlichen Beträge beim Schallschutz bei ca. 14.000 Euro pro Wohneinheit. Nach unserer Hochrechnung würde das Schallschutzprogramm des Flughafens damit maximal 300 Millionen Euro statt der bislang kommunizierten 750 Millionen Euro kosten.
Fluglärm ist ein Risikofaktor für die Gesundheit. Die Anwohner des zukünftigen BER kämpfen schon seit Jahren dafür, dass sie vor diesen gesundheitlichen Risiken so geschützt werden, wie es im Planfeststellungsbeschluss festgeschrieben ist.
Als Miteigentümer der Flughafengesellschaft und mit der behördlichen Aufsicht über die Umsetzung des Schallschutzprogramms hätte die Landesregierung ausreichend Möglichkeiten, sich für den Schutz ihrer Bürger einzusetzen – wenn sie nur wollte. Erklärungen, die FBB solle den Schallschutz zügig und bürgerfreundlich umsetzen, hatten keine Wirkung und reichen deshalb nicht mehr aus. Die Behörde muss endlich klare Vorgaben an die FBB machen, dass die FBB alle Anwohner in den Schutzgebieten zu schützen hat: Ohne Wenn und Aber.
Christine Dorn als Anzuhörende für das Aktionsbündnis für ein lebenswertes Berlin und Brandenburg
Eckhard Bock als Anzuhörender für das Bündnis Südost gegen Fluglärm