bislang unveröffentlichter Leserbrief zum Artikel "Für die EU-Bedenken fühlt sich niemand zuständig"
von Gerold Büchner
in der Berliner Zeitung vom 12./13.1.2013, Seite 20
Sehr geehrter Herr Büchner,
die wichtigsten Sätze Ihres Artikels stehen am Schluß. Ich möchte jedoch etwas genauer formulieren und behaupte: Im Kern geht es um die Frage, ob das Errichten und Betreiben eines Flughafens auch dann mit EU-Umweltrecht vereinbar ist, wenn viele der nach der Eröffnung des Flughafens tatsächlich benutzten Flugrouten nicht in die Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens einbezogen wurden. Wie Sie wissen, hat man bei der Planung des BBI/BER vorsätzlich eine sehr triviale und sogar fehlerhafte Flugroutenprognose zugrunde gelegt. Daher liegt bei BER keine Änderung der Flugrouten im eigentlichen Sinne vor. Die tatsächlich für den geplanten unabhängigen Flugbetrieb erforderliche Flugroutengeometrie kannten alle an der Planung Beteiligten seit Oktober 1998 sehr genau. Diese parallel und divergierend verlaufenden Flugrouten bargen jedoch das Risiko, das Projekt wegen der relativ großen Ausdehnung der daraus folgenden Fluglärmgebiete nicht erfolgreich durchsetzen zu können. Daher waren die Planung und auch die dabei gemäß EU-Umweltrecht durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung von lediglich parallel in der Verlängerung der Pistenachse verlaufenden Flugrouten ausgegangen. Das Projekt ist daher nie mit den von Anfang an bekannt gewesenen Flugrouten einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden. Die EU-Kommission fordert nichts anderes als die Wiederholung dieser Prüfung. Ich bin relativ sicher, dass der Fall in der EU einmalig ist. Bei keinem anderen Flughafenprojekt in der EU werden Politiker und Planer mittels Täuschung der Öffentlichkeit versuchen, einen Flughafen zu errichten und zu betreiben. Im Gegenteil: Jedes vernünftige Flughafenprojekt wird an einem geeigneten Standort und vor allem so geplant, dass zumindest standortbedingte Konflikte von vornherein möglichst ausgeschlossen sind. Bei BBI/BER galt es jedoch, den politisch gewollten Flughafen an einem dafür gänzlich ungeeigneten Standort durchzusetzen. Die zum Erreichen dieses Zieles von den Planern und Behörden verabredete Täuschung bei der Flugroutenprognose wird diesem Projekt nun zum Verhängnis werden. Die EU wird in dem angekündigten Vertragsverletzungsverfahren keinen Zweifel daran lassen, dass die Eröffnung eines Flughafens, bei dessen Umweltverträglichkeitsprüfung viele der tatsächlich zu benutzenden Flugrouten nicht berücksichtigt wurden, mit EU-Umweltrecht unvereinbar ist. Wir stimmen sicher überein, dass es dabei nicht darauf ankommt, wer sich in Deutschland für dieses Problem zuständig fühlt. In bewährter Weise wird man aber gemeinschaftlich mit dem Finger nach Brüssel zeigen und der Öffentlichkeit klar zu machen versuchen, dass dort der Schuldige für die Nicht-Eröffnung des BER zu suchen ist!
Mit freundlichen Grüßen
Gunnar Suhrbier