Sehr geehrter Herr Beisel,
Wer Großes will, muß sich zusammenraffen;
In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,
Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.
J.W. Goethe; Sonett 1802
In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,
Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.
J.W. Goethe; Sonett 1802
mit Bezug auf Ihre Pressemitteilung Nr. 13/2014 vom 22.08.2014:
http://www.adv.aero/uploads/media/ADV-PM_13_2014-Studie_Fluglaerm.pdf
unter der globalen Überschrift:
Flughafenverband ADV fordert sachliche Debatte über Fluglärmschutz
sende ich Ihnen meinen Offenen Brief als einen Beitrag zum gewünschten öffentlichen Diskurs zu.
Eine sachliche Debatte also ist es, die die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen e.V. mit dieser PM fordert (?), um sogleich im Widerspruch zur eigenen Forderung (!) imTenor der PM eine Kontroverse zu eröffnen.
Wie sollte eine sachliche Debatte nach Ihrem Prolog noch möglich sein?
Ihre vermeintliche 'Sorge um das Schüren von weiteren Ängsten in der Bevölkerung' durch die wissenschaftlich evidenten Erkenntnisse der Mainzer Wissenschaftler ist eine Ihrer nicht nachvollziehbaren Behauptungen. Immerhin ist Ihnen jedoch klar, dass es bereits vor der Veröffentlichung der Studie 'Ängste in der Bevölkerung' gegeben hat, ohne diese jedoch zu näher qualifizieren.
Die einzig richtige Schlußfolgerung und Reaktion auf die Ergebnisse diese Studie dürfte doch sein, dass nicht die Bevölkerung, sondern Ihr ADV, die Luftverkehrswirtschaft schlechthin, wie auch die Politik, alle gemeinsam als Verursacher der neuerlich von der Studie bestätigten Gesundheits-Gefährdungen durch nächlichen Fluglärm Ängste bekommen und umgehend Auswege aus dieser unmenschlichen Situation finden und begehen sollte!
Sie erkennen die in der Studie vorgestellten Ergebnisse der Gesundheitsgefährdung selbst unter den angegebenen Versuchsbedingungen nicht an und lehnen sie mit Hinweis auf das Fluglärmschutzgesetz lapidar ab. Sie machen den Wissenschaftlern zum Vorwurf, 'die Erfolge von Politik und Luftverkehrswirtschaft zur Reduktion nächlichen Fluglärms zu ignorieren'. Da nicht einmal Sie diese Erfolge benennen wollen, warum sollten dann die Verfasser der Studie etwas, was es nicht gibt und zudem nicht Inhalt des Studiendesigns war, nicht ignorieren dürfen? - Die Studienverfasser haben, im Gegensatz zu Ihnen einfach nur rational gedacht und gehandelt!
Sehr geehrter Herr Beisel,
der Inhalt Ihrer Pressemitteilung besteht aus einem Konglomerat von Tagträumereien und Wunschvorstellungen, die meilenweit an der Realität vorbeigehen. Ich werde Ihnen im Folgenden einige Informationen zustellen, die es auch Ihnen ermöglichen werden, Ihre kühnen Behauptungen und Thesen aus der PM mit der 'rauen Wirklichkeit' abzugleichen.
1. Zu den von Ihnen beklagten Schallpegelhöhen am Ohr der SchläferInnen im Inneren von schallgeschützten Gebäuden:
Zugegeben, mit der alleinigen Angabe des Energieäquivalenten Dauerschallpegels, wie in der Studie erfolgt kann man nicht zufrieden sein, denn dieser Schallpegel wird vom Ohr nicht wahrgenommen, er ist bekanntlich eine reine Rechengröße und dient nur der Charakterisierung und Quantifizierung der Einwirkung eines im Zeitraum potenziell breiten wirklichen Spektrums von Schallpegeln und -energie bei Schallschutzmaßnahmen. Die Probanden und Patienten beider Mainzer-Studien reagierten aber augenblicklich auf die zeitlich im Applikationszeitraum tatsächlich wahrgenommenen Schallpegel.
Wenn es Sie interessieren sollte, in der Mainzer-Vorgängerstudie mit gesunden Probanden
http://www.diethard.de/Fluglaerm/eurheartj.eht269.full.pdf
wurden die zeitlichen Pegelverläufe, also das, was das Ohr wahrnimmt und weitergibt detailliert vorgestellt. Es wird sicher in der aktuellen Studie mit herz-kreislauf-erkrankten Patienten ebenfalls die original Flugzeugüberflug-Schallaufzeichnung mit den 60 Überflügen in gleichen Pegelhöhen, wie dort zur Anwendung gekommen sein.
In der BER-Region z.B. werden im Gutachten der INTRAPLAN Consult GmbH aus 2009:
http://www.lbv.brandenburg.de/dateien/luftfahrt/BerichtNachtflug.pdf
sogar durchschnittlich 75, in der typischen Spitzennacht 95 und108 Nachtflüge für die absolute Spitzennacht vorausgesagt. Werte also, die noch weit über den Anzahlen der in den Mainzer Studien zur Anwendung gekommenen Überflüge liegen!
Interessanterweise hat die BER-Flughafengesellschaft (FBB) nachfolgende Gutachten der INTRAPLAN aus späteren Jahren, die aktuell sogar für 2018 bis zu 34 Mio. PAX p.a., weit über das bisher dem Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegende Passagieraufkommen von 27 Mio.p.a. vorhersagen, als Betriebsgeheimnis eingestuft und nicht veröffentlicht.
Ihrer Intention folgend hatte die FBB sicher die Sorge, mit einer Veröffentlichung 'weitere Ängste in der Bevölkerung zu schüren'! Die zu erwartende Nachtflugsituation in der Region des BER wird z.B. auch sehr umfänglich und detailliert in der BER-NachtflugFibel dargelegt: http://www.diethard.de/Fluglaerm/BER-NachtflugFibel.pdf
Zu Pegelwerten, die hier in Schlafzimmern von Gebäuden in und außerhalb der BER-Schutzgebiete auftreten können werden detaillierte Angaben in einem Offenen Brief an Sts. und Flughafenkoordinator der Brandenburger Landesregierung Rainer Bretschneider gemacht. Diese Analyse konterkariert Ihre Behauptung über die nach Fluglärmschutzgesetz nur erlaubt auftretenden Schallpegel in Schlafräumen:
http://www.diethard.de/Fluglaerm/OB-Sts.Bretschneider.pdf
Dennoch reist Herr Bretschneider emsig durchs Land und verkündet der erstaunten Bevölkerung Fluglärm mache nicht krank!
Ich kann wohl davon ausgehen, dass nach den o.g. Lektüren Ihre Ansagen zu möglichen Fluglärmpegeln am Ohr schlafender Menschen und deren gesundheitlichen Auswirkungen dringend korrigiert werden müssen.
2. Zur sogenannten wirtschaftlichen Notwendigkeit von Nachtflügen
Die Umfrageergebnisse unter der verladenden Wirtschaft und verarbeitenden Industrie des inzwischen emeritierten Professors Dr. R. Vahrenkamp aus seiner aktiven Zeit als Professor für Produktionswirtschaft und Logistik am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel sprechen gegen Ihre in der Pressemitteilunggeäußerten These:
„Die globale Wirtschaft kennt keine Pausen. Bei einem flächendeckenden Nachtflugverbot verlöre der Standort Deutschland dramatisch an Bedeutung und der Luftverkehr würde ins europäische Ausland abwandern.“
Die Ergebnisse der Arbeiten von Prof. Vahrenkamp sind u.a. hier nachzulesen:
http://www.gruene-fraktion-brandenburg.de/fileadmin/ltf_brandenburg/Dokumente/Vortraege/140614_Flughafenkonferenz/Vahrenkamp_Gibt_es_in_der_Luftfracht_einen_Eilbedarf_fuer_Nachtfluege.pdf
Am Flughafen SXF in Schönefeld besteht seit weit mehr als 20 Jahren keine Beschränkung des nächtlichen Flugbetriebs oder anders ausgedrückt, es gibt kein Nachtfugverbot!
Dennoch findet gemäß Ihrer, als wirtschaftlich überlebenswichtig gekennzeichneten Forderung nach Nachtflug kein nennenswerter Luftfrachttransport in den Nachtstunden am Flughafen SXF in all den genannten Jahreszeiträumen statt oder anders ausgedrückt: Warum sollte der Luftverkehr für etwas, das es an Standorten in Deutschland gar nicht oder nur marginal gibt ins europäische Ausland abwandern? Das ist absurd!
Last but not least möchte ich Ihnen noch eine sachliche und kritische Betrachtung aus der 'Bundesvereinigung gegen Fluglärm e.V.' von Herrn H. Breidenbach zum von Ihnen so wertgeschätzten 'Balanced Approach', als probatem Mittel zur Verhinderung von Nachtflugverboten nicht vorenthalten:
http://www.gruene-fraktion-brandenburg.de/fileadmin/ltf_brandenburg/Dokumente/Vortraege/140614_Flughafenkonferenz/Breidenbach_Massnahmen_des_aktiven_Schallschutzes_kritische_Betrachtung_des_Balanced_Approach.pdf
Wäre es angesichts der Notlage der Nachtfluglärm-Betroffenen, in die sie von Luftverkehrswirtschaft und Politik gebracht werden, nicht menschlicher von Nachtflügen abzulassen, statt diese Menschen als Geiseln und Opfer für vermeintlichen Wohlstand und wirtschaftliches Wachstum wie Sachen zu benutzen?
3. Aktiver und passiver Schallschutz und Ihre vermeintliche 'Konstruktive Zusammenarbeit' von Politik und Luftverkehrswirtschaft
Wenn Sie in Ihrer Pressemitteilung weiter verkünden:
„Fluglärm ist für die Flughäfen das Umweltthema Nr. 1. Wir arbeiten intensiv daran, die Anwohner vor Fluglärm zu schützen und den Lärm an den Standorten weiter zu verringern. Dabei setzen die Flughäfen auf den aktiven und passiven Schallschutz. Den Einsatz moderner Flugzeuge unterstützen wir durch eine intelligente Weiterentwicklung der lärmabhängigen Flughafenentgelte“
.
Die Zusammenarbeit zwischen Luftverkehrsunternehmen und Politik sei dabei konstruktiv und führe zu spürbaren Entlastungen der Bevölkerung. Insgesamt wurde das Schutzniveau durch die Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes im Jahre 2007 gerade beim Schutz vor Fluglärm in der Nacht deutlich erhöht.
, so fordert Ihre Schilderung jenseits der realen Sachlagen eine strikte Gegendarstellung zumindest für den passiven Schallschutz geradezu heraus!
In den Planfeststellungsbeschuß (PFB) für den Ausbau des Flughafens am Standort Schönefeld hat die Flughafengesellschaft (FBB) hochwertige Schallschutz-Kriterien in täuschender Absicht öffentlich eingebracht, um den Standort inmitten dichtbesiedelter Gebiete durchzusetzen. Allein zum Zeitpunkt, als es an die Realisierung der baulichen Schallschutzmaßnahmen ging, zog die FBB die Notbremse, um die Kosten für die notwendigen Schallschutzmaßnahmen zu minimieren!
Im Tagschutzgebiet sieht der PFB das von der Flughafengesellschaft selbst (!) eingebrachte Schallschutz-Kriterium in Wohn-und Arbeitsräumen Maximalschallpegel in der Höhe von 55 dB(A) [ NAT0x55dB(A) ] vor.
Anders ausgedrückt: Überflug-Schallpegel von 55 dB(A) sollen in den nach PFB zu schützenden Räumen im Tagschutzgebiet zwischen 6.00 und 22.00 Uhr keinmal überschritten werden.
Und was macht der Flughafen? Er stellt die marginale Summe von 139 Mio. Euro im Budget für bauliche Schallschutzmaßnahmen ein. Diese Summe errechnete er ohne den Festlegungen im PFB folgen zu wollen, auf der Grundlage von 16 auftretenden Überschreitungen im Inneren von 55 dB(A) [ NAT16x55dB(A) ]! Die 16maligen möglichen Pegelhöhen im Inneren, weit über 55 dB(A) hinaus blieben dabei für die Öffentlickeit geheim.
Dieser Betrugsversuch der FBB an den Schallschutzberechtigten wurde von der Aufsichtsbehörde anscheinend nicht erkannt (!), geduldet und jedenfalls nicht geahndet, wie das Protokoll eines Gesprächs zwischen FBB und Aufsichtsbehörde beweist:
http://www.diethard.de/Fluglaerm/081121_MIR-Ergebnisvermerk_SchallschutzprogrammFBS-2436_001-1.pdf
Soviel zu Ihrer behaupteten 'konstruktiven Zusammenarbeit' zwischen Politik/Verwaltung und Flughafen in Sachen Fluglärmschutz zum Nachteil der betroffenen Menschen, denn dieser Betrugsversuch wurde erst von Betroffenen in privaten Klagen mit privatem Geld öffentlich gemacht und schlußendlich wurde die FBB vom Gericht dafür gerügt.
Allerdings war dieses Urteil kein Grund für die FBB nun ehrlich nach PFB Schallschutz zu gewähren. Sofort nach Urteilsverkündung wurde nach neuen Möglichkeiten zur Kostenminimierung gesucht und verlautbart, dass nach den Kriterien des PFB bis zur Hälfte aller betroffenen Objekte nun (!) gar nicht mehr schallgeschützt werden könnten.
Es wurde flugs ein 'Leitfaden zur schallschutzbezogenen (!) Verkehrswertermittlung' von der FBB entwickelt, der einen um einige 10% geringeren Verkehrswert, als nach bundesdeutschem Standard ermittelt, zum Ergebnis haben wird. Zusammen mit der sogenannten, nun auch willkürlich anzuwendenden 'Kappungsgrenze' aus dem PFB zur Anwendung gebracht, bedeutete das, dass Gebäude unmittelbar unter den Flugspuren, die also einen sehr aufwendigen Schallschutz infolge der sehr hohen Pegel am Orte der Gebäude bekommen müßten, mit z.B mal nur 18% statt der 30% Kappungsgrenze des Verkehrswertes 'entschädigt' werden sollen!
Von der Aufsichtsbehörde und aus der Politik kam und kommt keine Veto dagegen!
Das ist an unmenschlicher Zumutung kaum zu überbieten:
Die am stärksten vom Fluglärm betroffenen Menschen und Familien werden mit einem dünnen Bündel an Geldscheinen abgespeist und in der BER-Fluglärmhölle allein gelassen!
So sieht die von Ihnen beschworene 'spürbare Entlastung der Bevölkerung' von Fluglärm durch den von der FBB und der Politik hochgepriesene weltbesten BER-Schallschutz in der Wirklichkeit, jenseits Ihrer öffentlichen Schönfärbereien aus!
Sehr geehrter Herr Beisel,
eine wirklich sachliche Debatte über Fluglärmschutz muß weit über das hinausgehen, was Sie in Ihrer PM mitteilen und muß vor allem gesamtgesellschaftlich geführt werden und dabei auch alle Aspekte des Luftverkehrs, so wie er gegenwärtig stattfinden darf berücksichtigen.
So werden Nachtflugverbote u.a. auch vom Umweltbundesamt (UBA) und vom Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung (SRU):
http://www.diethard.de/Fluglaerm/2014_SG_FluglaermReduziernHausdruck.pdf
gefordert und dies nicht um die Luftverkehrswirtschaft zu behindern oder zu ärgern, sondern nicht zuletzt deshalb, weil die gegenwärtig geltenden relevanten Gesetze und Bestimmungen z.T. gegen Bestimmungen des rechtlich höherrangigen Grundgesetzes (körperliche Unversehrtheit) verstoßen und es aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse dringend geboten ist, Grenzwerte für die Immisionen des Luftverkehrs in Gesetzen neu festzuschreiben.
Das gegenwärtig und seit geraumer Zeit zu beobachtende gesellschaftlich unkontrollierte 'Wilde Wachstum' der außer Kontrolle geratenen Luftverkehrswirtschaft muß im Interesse von Nachhaltigkeit dringend beendet werden;
'Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben!'
Das UBA benennt z.B. Fluglärm als 'Umweltgift' Nr. 1, ganz im Sinne von Robert Koch, der das schon für Lärm schlechthin vor gut 100 Jahren vorausgesagt hat. Von Klimaforschern wird der Luftverkehr als Klimakiller Nr. 1 bezeichnet, weil der direkte Eintrag von Schadstoffen in großen Höhen in die Atmosphäre weitaus deutlichere und umfänglichere Auswirkungen zeitigt, als Einträge ähnlicher Größenordnung am Boden bewirkten könnten.
Es ist an der Zeit, die Nachhaltigkeit und Notwendigkeit von Verkehr in den Vordergrund zu stellen, an nachfolgende Generationen auf unserem Planeten, an unseren Planeten und seine Resourcen selbst zu denken und nicht so zu wirtschaften, als gäbe es kein Morgen!
Nach Erkenntnissen der Weltklimarates ist der Erhalt des Globalen Klimas in seiner gegenwärtigen Ausprägung bereits gefährdet. Von Wirtschaftswissenschaftlern wird der Globalen Weltwirtschaft bescheinigt, gegenwärtig so zu 'wirtschaften' als stünden ihr in Mittel 1,5 Globen zur Verfügung (darin einzeln: USA 4,2 und Deutschland 2,6 Globen) und Sie erkennen nur darauf, dass eine handvoll Mainzer Wissenschaftler 'weitere Ängste in der Bevölkerung schüren könnten'! - Ist vielleicht etwas kurzsichtig und egoistisch zugleich - oder?
Hier kann nur noch eines helfen: Umdenken ! Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann!
Fangen Sie schon Morgen damit an. Es könnte sonst zu spät sein! Der Atomausstieg in Deutschland kam auch 'über Nacht' und hat die deutsche Wirtschaft weder ins Exil noch in den Untergang getrieben.
Mit freundlichen Grüßen
D. Günther wohnHaft in Mahlow
Wie sollte eine sachliche Debatte nach Ihrem Prolog noch möglich sein?
Ihre vermeintliche 'Sorge um das Schüren von weiteren Ängsten in der Bevölkerung' durch die wissenschaftlich evidenten Erkenntnisse der Mainzer Wissenschaftler ist eine Ihrer nicht nachvollziehbaren Behauptungen. Immerhin ist Ihnen jedoch klar, dass es bereits vor der Veröffentlichung der Studie 'Ängste in der Bevölkerung' gegeben hat, ohne diese jedoch zu näher qualifizieren.
Die einzig richtige Schlußfolgerung und Reaktion auf die Ergebnisse diese Studie dürfte doch sein, dass nicht die Bevölkerung, sondern Ihr ADV, die Luftverkehrswirtschaft schlechthin, wie auch die Politik, alle gemeinsam als Verursacher der neuerlich von der Studie bestätigten Gesundheits-Gefährdungen durch nächlichen Fluglärm Ängste bekommen und umgehend Auswege aus dieser unmenschlichen Situation finden und begehen sollte!
Sie erkennen die in der Studie vorgestellten Ergebnisse der Gesundheitsgefährdung selbst unter den angegebenen Versuchsbedingungen nicht an und lehnen sie mit Hinweis auf das Fluglärmschutzgesetz lapidar ab. Sie machen den Wissenschaftlern zum Vorwurf, 'die Erfolge von Politik und Luftverkehrswirtschaft zur Reduktion nächlichen Fluglärms zu ignorieren'. Da nicht einmal Sie diese Erfolge benennen wollen, warum sollten dann die Verfasser der Studie etwas, was es nicht gibt und zudem nicht Inhalt des Studiendesigns war, nicht ignorieren dürfen? - Die Studienverfasser haben, im Gegensatz zu Ihnen einfach nur rational gedacht und gehandelt!
Sehr geehrter Herr Beisel,
der Inhalt Ihrer Pressemitteilung besteht aus einem Konglomerat von Tagträumereien und Wunschvorstellungen, die meilenweit an der Realität vorbeigehen. Ich werde Ihnen im Folgenden einige Informationen zustellen, die es auch Ihnen ermöglichen werden, Ihre kühnen Behauptungen und Thesen aus der PM mit der 'rauen Wirklichkeit' abzugleichen.
1. Zu den von Ihnen beklagten Schallpegelhöhen am Ohr der SchläferInnen im Inneren von schallgeschützten Gebäuden:
Zugegeben, mit der alleinigen Angabe des Energieäquivalenten Dauerschallpegels, wie in der Studie erfolgt kann man nicht zufrieden sein, denn dieser Schallpegel wird vom Ohr nicht wahrgenommen, er ist bekanntlich eine reine Rechengröße und dient nur der Charakterisierung und Quantifizierung der Einwirkung eines im Zeitraum potenziell breiten wirklichen Spektrums von Schallpegeln und -energie bei Schallschutzmaßnahmen. Die Probanden und Patienten beider Mainzer-Studien reagierten aber augenblicklich auf die zeitlich im Applikationszeitraum tatsächlich wahrgenommenen Schallpegel.
Wenn es Sie interessieren sollte, in der Mainzer-Vorgängerstudie mit gesunden Probanden
http://www.diethard.de/Fluglaerm/eurheartj.eht269.full.pdf
wurden die zeitlichen Pegelverläufe, also das, was das Ohr wahrnimmt und weitergibt detailliert vorgestellt. Es wird sicher in der aktuellen Studie mit herz-kreislauf-erkrankten Patienten ebenfalls die original Flugzeugüberflug-Schallaufzeichnung mit den 60 Überflügen in gleichen Pegelhöhen, wie dort zur Anwendung gekommen sein.
In der BER-Region z.B. werden im Gutachten der INTRAPLAN Consult GmbH aus 2009:
http://www.lbv.brandenburg.de/dateien/luftfahrt/BerichtNachtflug.pdf
sogar durchschnittlich 75, in der typischen Spitzennacht 95 und108 Nachtflüge für die absolute Spitzennacht vorausgesagt. Werte also, die noch weit über den Anzahlen der in den Mainzer Studien zur Anwendung gekommenen Überflüge liegen!
Interessanterweise hat die BER-Flughafengesellschaft (FBB) nachfolgende Gutachten der INTRAPLAN aus späteren Jahren, die aktuell sogar für 2018 bis zu 34 Mio. PAX p.a., weit über das bisher dem Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegende Passagieraufkommen von 27 Mio.p.a. vorhersagen, als Betriebsgeheimnis eingestuft und nicht veröffentlicht.
Ihrer Intention folgend hatte die FBB sicher die Sorge, mit einer Veröffentlichung 'weitere Ängste in der Bevölkerung zu schüren'! Die zu erwartende Nachtflugsituation in der Region des BER wird z.B. auch sehr umfänglich und detailliert in der BER-NachtflugFibel dargelegt: http://www.diethard.de/Fluglaerm/BER-NachtflugFibel.pdf
Zu Pegelwerten, die hier in Schlafzimmern von Gebäuden in und außerhalb der BER-Schutzgebiete auftreten können werden detaillierte Angaben in einem Offenen Brief an Sts. und Flughafenkoordinator der Brandenburger Landesregierung Rainer Bretschneider gemacht. Diese Analyse konterkariert Ihre Behauptung über die nach Fluglärmschutzgesetz nur erlaubt auftretenden Schallpegel in Schlafräumen:
http://www.diethard.de/Fluglaerm/OB-Sts.Bretschneider.pdf
Dennoch reist Herr Bretschneider emsig durchs Land und verkündet der erstaunten Bevölkerung Fluglärm mache nicht krank!
Ich kann wohl davon ausgehen, dass nach den o.g. Lektüren Ihre Ansagen zu möglichen Fluglärmpegeln am Ohr schlafender Menschen und deren gesundheitlichen Auswirkungen dringend korrigiert werden müssen.
2. Zur sogenannten wirtschaftlichen Notwendigkeit von Nachtflügen
Die Umfrageergebnisse unter der verladenden Wirtschaft und verarbeitenden Industrie des inzwischen emeritierten Professors Dr. R. Vahrenkamp aus seiner aktiven Zeit als Professor für Produktionswirtschaft und Logistik am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel sprechen gegen Ihre in der Pressemitteilunggeäußerten These:
„Die globale Wirtschaft kennt keine Pausen. Bei einem flächendeckenden Nachtflugverbot verlöre der Standort Deutschland dramatisch an Bedeutung und der Luftverkehr würde ins europäische Ausland abwandern.“
Die Ergebnisse der Arbeiten von Prof. Vahrenkamp sind u.a. hier nachzulesen:
http://www.gruene-fraktion-brandenburg.de/fileadmin/ltf_brandenburg/Dokumente/Vortraege/140614_Flughafenkonferenz/Vahrenkamp_Gibt_es_in_der_Luftfracht_einen_Eilbedarf_fuer_Nachtfluege.pdf
Am Flughafen SXF in Schönefeld besteht seit weit mehr als 20 Jahren keine Beschränkung des nächtlichen Flugbetriebs oder anders ausgedrückt, es gibt kein Nachtfugverbot!
Dennoch findet gemäß Ihrer, als wirtschaftlich überlebenswichtig gekennzeichneten Forderung nach Nachtflug kein nennenswerter Luftfrachttransport in den Nachtstunden am Flughafen SXF in all den genannten Jahreszeiträumen statt oder anders ausgedrückt: Warum sollte der Luftverkehr für etwas, das es an Standorten in Deutschland gar nicht oder nur marginal gibt ins europäische Ausland abwandern? Das ist absurd!
Last but not least möchte ich Ihnen noch eine sachliche und kritische Betrachtung aus der 'Bundesvereinigung gegen Fluglärm e.V.' von Herrn H. Breidenbach zum von Ihnen so wertgeschätzten 'Balanced Approach', als probatem Mittel zur Verhinderung von Nachtflugverboten nicht vorenthalten:
http://www.gruene-fraktion-brandenburg.de/fileadmin/ltf_brandenburg/Dokumente/Vortraege/140614_Flughafenkonferenz/Breidenbach_Massnahmen_des_aktiven_Schallschutzes_kritische_Betrachtung_des_Balanced_Approach.pdf
Wäre es angesichts der Notlage der Nachtfluglärm-Betroffenen, in die sie von Luftverkehrswirtschaft und Politik gebracht werden, nicht menschlicher von Nachtflügen abzulassen, statt diese Menschen als Geiseln und Opfer für vermeintlichen Wohlstand und wirtschaftliches Wachstum wie Sachen zu benutzen?
3. Aktiver und passiver Schallschutz und Ihre vermeintliche 'Konstruktive Zusammenarbeit' von Politik und Luftverkehrswirtschaft
Wenn Sie in Ihrer Pressemitteilung weiter verkünden:
„Fluglärm ist für die Flughäfen das Umweltthema Nr. 1. Wir arbeiten intensiv daran, die Anwohner vor Fluglärm zu schützen und den Lärm an den Standorten weiter zu verringern. Dabei setzen die Flughäfen auf den aktiven und passiven Schallschutz. Den Einsatz moderner Flugzeuge unterstützen wir durch eine intelligente Weiterentwicklung der lärmabhängigen Flughafenentgelte“
.
Die Zusammenarbeit zwischen Luftverkehrsunternehmen und Politik sei dabei konstruktiv und führe zu spürbaren Entlastungen der Bevölkerung. Insgesamt wurde das Schutzniveau durch die Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes im Jahre 2007 gerade beim Schutz vor Fluglärm in der Nacht deutlich erhöht.
, so fordert Ihre Schilderung jenseits der realen Sachlagen eine strikte Gegendarstellung zumindest für den passiven Schallschutz geradezu heraus!
In den Planfeststellungsbeschuß (PFB) für den Ausbau des Flughafens am Standort Schönefeld hat die Flughafengesellschaft (FBB) hochwertige Schallschutz-Kriterien in täuschender Absicht öffentlich eingebracht, um den Standort inmitten dichtbesiedelter Gebiete durchzusetzen. Allein zum Zeitpunkt, als es an die Realisierung der baulichen Schallschutzmaßnahmen ging, zog die FBB die Notbremse, um die Kosten für die notwendigen Schallschutzmaßnahmen zu minimieren!
Im Tagschutzgebiet sieht der PFB das von der Flughafengesellschaft selbst (!) eingebrachte Schallschutz-Kriterium in Wohn-und Arbeitsräumen Maximalschallpegel in der Höhe von 55 dB(A) [ NAT0x55dB(A) ] vor.
Anders ausgedrückt: Überflug-Schallpegel von 55 dB(A) sollen in den nach PFB zu schützenden Räumen im Tagschutzgebiet zwischen 6.00 und 22.00 Uhr keinmal überschritten werden.
Und was macht der Flughafen? Er stellt die marginale Summe von 139 Mio. Euro im Budget für bauliche Schallschutzmaßnahmen ein. Diese Summe errechnete er ohne den Festlegungen im PFB folgen zu wollen, auf der Grundlage von 16 auftretenden Überschreitungen im Inneren von 55 dB(A) [ NAT16x55dB(A) ]! Die 16maligen möglichen Pegelhöhen im Inneren, weit über 55 dB(A) hinaus blieben dabei für die Öffentlickeit geheim.
Dieser Betrugsversuch der FBB an den Schallschutzberechtigten wurde von der Aufsichtsbehörde anscheinend nicht erkannt (!), geduldet und jedenfalls nicht geahndet, wie das Protokoll eines Gesprächs zwischen FBB und Aufsichtsbehörde beweist:
http://www.diethard.de/Fluglaerm/081121_MIR-Ergebnisvermerk_SchallschutzprogrammFBS-2436_001-1.pdf
Soviel zu Ihrer behaupteten 'konstruktiven Zusammenarbeit' zwischen Politik/Verwaltung und Flughafen in Sachen Fluglärmschutz zum Nachteil der betroffenen Menschen, denn dieser Betrugsversuch wurde erst von Betroffenen in privaten Klagen mit privatem Geld öffentlich gemacht und schlußendlich wurde die FBB vom Gericht dafür gerügt.
Allerdings war dieses Urteil kein Grund für die FBB nun ehrlich nach PFB Schallschutz zu gewähren. Sofort nach Urteilsverkündung wurde nach neuen Möglichkeiten zur Kostenminimierung gesucht und verlautbart, dass nach den Kriterien des PFB bis zur Hälfte aller betroffenen Objekte nun (!) gar nicht mehr schallgeschützt werden könnten.
Es wurde flugs ein 'Leitfaden zur schallschutzbezogenen (!) Verkehrswertermittlung' von der FBB entwickelt, der einen um einige 10% geringeren Verkehrswert, als nach bundesdeutschem Standard ermittelt, zum Ergebnis haben wird. Zusammen mit der sogenannten, nun auch willkürlich anzuwendenden 'Kappungsgrenze' aus dem PFB zur Anwendung gebracht, bedeutete das, dass Gebäude unmittelbar unter den Flugspuren, die also einen sehr aufwendigen Schallschutz infolge der sehr hohen Pegel am Orte der Gebäude bekommen müßten, mit z.B mal nur 18% statt der 30% Kappungsgrenze des Verkehrswertes 'entschädigt' werden sollen!
Von der Aufsichtsbehörde und aus der Politik kam und kommt keine Veto dagegen!
Das ist an unmenschlicher Zumutung kaum zu überbieten:
Die am stärksten vom Fluglärm betroffenen Menschen und Familien werden mit einem dünnen Bündel an Geldscheinen abgespeist und in der BER-Fluglärmhölle allein gelassen!
So sieht die von Ihnen beschworene 'spürbare Entlastung der Bevölkerung' von Fluglärm durch den von der FBB und der Politik hochgepriesene weltbesten BER-Schallschutz in der Wirklichkeit, jenseits Ihrer öffentlichen Schönfärbereien aus!
Sehr geehrter Herr Beisel,
eine wirklich sachliche Debatte über Fluglärmschutz muß weit über das hinausgehen, was Sie in Ihrer PM mitteilen und muß vor allem gesamtgesellschaftlich geführt werden und dabei auch alle Aspekte des Luftverkehrs, so wie er gegenwärtig stattfinden darf berücksichtigen.
So werden Nachtflugverbote u.a. auch vom Umweltbundesamt (UBA) und vom Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung (SRU):
http://www.diethard.de/Fluglaerm/2014_SG_FluglaermReduziernHausdruck.pdf
gefordert und dies nicht um die Luftverkehrswirtschaft zu behindern oder zu ärgern, sondern nicht zuletzt deshalb, weil die gegenwärtig geltenden relevanten Gesetze und Bestimmungen z.T. gegen Bestimmungen des rechtlich höherrangigen Grundgesetzes (körperliche Unversehrtheit) verstoßen und es aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse dringend geboten ist, Grenzwerte für die Immisionen des Luftverkehrs in Gesetzen neu festzuschreiben.
Das gegenwärtig und seit geraumer Zeit zu beobachtende gesellschaftlich unkontrollierte 'Wilde Wachstum' der außer Kontrolle geratenen Luftverkehrswirtschaft muß im Interesse von Nachhaltigkeit dringend beendet werden;
'Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben!'
Das UBA benennt z.B. Fluglärm als 'Umweltgift' Nr. 1, ganz im Sinne von Robert Koch, der das schon für Lärm schlechthin vor gut 100 Jahren vorausgesagt hat. Von Klimaforschern wird der Luftverkehr als Klimakiller Nr. 1 bezeichnet, weil der direkte Eintrag von Schadstoffen in großen Höhen in die Atmosphäre weitaus deutlichere und umfänglichere Auswirkungen zeitigt, als Einträge ähnlicher Größenordnung am Boden bewirkten könnten.
Es ist an der Zeit, die Nachhaltigkeit und Notwendigkeit von Verkehr in den Vordergrund zu stellen, an nachfolgende Generationen auf unserem Planeten, an unseren Planeten und seine Resourcen selbst zu denken und nicht so zu wirtschaften, als gäbe es kein Morgen!
Nach Erkenntnissen der Weltklimarates ist der Erhalt des Globalen Klimas in seiner gegenwärtigen Ausprägung bereits gefährdet. Von Wirtschaftswissenschaftlern wird der Globalen Weltwirtschaft bescheinigt, gegenwärtig so zu 'wirtschaften' als stünden ihr in Mittel 1,5 Globen zur Verfügung (darin einzeln: USA 4,2 und Deutschland 2,6 Globen) und Sie erkennen nur darauf, dass eine handvoll Mainzer Wissenschaftler 'weitere Ängste in der Bevölkerung schüren könnten'! - Ist vielleicht etwas kurzsichtig und egoistisch zugleich - oder?
Hier kann nur noch eines helfen: Umdenken ! Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann!
Fangen Sie schon Morgen damit an. Es könnte sonst zu spät sein! Der Atomausstieg in Deutschland kam auch 'über Nacht' und hat die deutsche Wirtschaft weder ins Exil noch in den Untergang getrieben.
Mit freundlichen Grüßen
D. Günther wohnHaft in Mahlow