Leserbrief zum Artikel "Berliner Fluglärmgegner schöpfen Hoffnung" von Jürgen Schwenkenbecher in der Berliner Zeitung vom 5./6.4.2012, Seite 17
Außerordentliche Brisanz
Gratulation, Herr Schwenkenbecher. Im Gegensatz zum Berliner Senatssprecher sind wir beide der Ansicht, dass juristisch beim BER noch lange nicht alles abgeschlossen ist! Jedoch wird Herr Meng genauso wie Herr Kunkel dafür bezahlt, dass sie alles bagatellisieren und abstreiten, was dem Ruf des Projektes BER schaden könnte, manchmal vielleicht sogar ohne die nötige Sachkenntnis zu haben. Wir beide dürfen uns dagegen zum Glück eine eigene Meinung bilden. Ich bin sicher, wir sind uns auch hinsichtlich der außerordentlichen Brisanz einig, die in den noch ausstehenden juristischen Entscheidungen zum BER steckt.
Die voraussichtlich Anfang Juli vor dem Bundesverwaltungsgericht mündlich zu verhandelnden Klagen betreffen nämlich die Kernsubstanz des Projektes: Es geht um die Frage, ob der Planfeststellungsbeschluss von 2004 unter Abwägungsfehlern leidet, oder ob er rechtsfehlerfrei ergangen ist, mit anderen Worten, ob das Projekt ein Schwarzbau mit einer durch Täuschung erschlichenen Baugenehmigung ist oder nicht. Mehrere Kläger behaupten, sowohl der Vorhabenträger als auch die Brandenburgische Planfeststellungsbehörde haben 1998 gemeinsam mit der Deutschen Flugsicherung eine Verabredung getroffen, nach der die bereits damals diesen drei Beteiligten bekannte Flugroutengeometrie mit divergierenden Startrouten auf keinen Fall in den Planungsunterlagen auftauchen sollte. Um diesen, der Standortrettung dienenden Täuschungsversuch zu decken, erließ die Planfeststellungsbehörde wissentlich einen Planfeststellungsbeschluss, der den genehmigten unabhängigen Flugbetrieb auf der zugrunde liegenden Flugroutengeometrie von vornherein nicht ermöglicht. Die Beweislage der Klägeranträge ist erdrückend. Sie dürfte es dem Bundesverwaltungsgericht schwer machen, die mittels Täuschung der Öffentlichkeit und des Gerichtes erschlichene Baugenehmigung für den BER als rechtsfehlerfrei zu bestätigen. Das Urteil über diese Klagen wird wohl erst gesprochen werden, nachdem der BER bereits in Betrieb genommen sein wird.
Das zukünftige Schicksal dieses Flughafens hängt also nach wie vor am seidenen Faden!
Gunnar Suhrbier, Berlin