Prof. Dr.-Ing. Habil. E. Augustin
Analyse des im Dezember 2014 von der FBB zur Verfügung gestellten DES20XX_BAF_A(2013) und Vergleich mit dem DES 20XX aus dem Planergänzungsbeschluss (2009)
Das neue DES 20XX weist – im Vergleich mit dem DES 20XX aus dem Planergänzungsbeschluss – folgende Gemeinsamkeiten bzw. Unter-schiede auf:
1. Im Unterschied zum DES 20XX aus dem Planfeststellungs-beschluss (2006) sind in beiden zu vergleichenden DES-Varianten die neuen Flugzeuggruppen der 2008 für gültig erklärten AzB 2008 an Stelle der alten Flugzeuggruppen aus der AzB-DLR (1999) vorgesehen worden. Da bei der Novellierung der AzB in einer Reihe von neuen Flugzeuggruppen zum Teil wesentliche Veränderungen der akustischen und/oder flugdynamischen Daten vorgenommen worden sind, ist eine nachträgliche Anwendung der AzB-DLR zur Berechnung der Grenzwertpegel-Isokonturlinien – gemäß Prozesserklärungen 2011 – mit diesen neuen Fluggruppen daher ohne geeignete Korrekturen an den Datensätzen der AzB 2008 nicht zulässig, wurde aber offensichtlich vom BAF ohne diese Korrekturen durchgeführt und liefert somit fehlerhafte Ergebnisse.
2. Bei diesen Berechnungen wurden die ursprünglich gültigen Flugrouten laut Planfeststellungsbeschluss (2006) und Planergänzungsbeschluss (2009) durch neue Flugrouten ersetzt.
3. Bis auf die Flugzeuggruppe P1.4 (ehemals PROP1 nach AzB-DLR) sind die absoluten Flugbewegungszahlen aller anderen Flugzeug-gruppen absolut konstant gehalten worden. Sie entsprechen mit 360000 Flugbewegungen im Prognosejahr 20XX, das heißt ca. 195000 Flugbewegungen in den sechs verkehrsreichsten Monaten dieses Prognosejahres, exakt den Angaben im Planfeststellungs-beschluss. Sie sind damit – wie im Planfeststellungsbeschluss definiert – für 30 Millionen Passagiere pro Jahr ausgelegt. Damit sind die in letzter Zeit seitens der FBB und der Medien immer wieder proklamierten 27 Millionen Passagiere, für die der neue Flughafen jetzt ausgelegt worden und somit jetzt schon zu klein sein soll, als entscheidende Planungs- und Aufführungsfehler einzustufen.
4. Die vorher erwähnte Gruppe P1.4 ist in ihrer Gesamtzahl verdoppelt worden. Sie wurde aber – entgegen der Planfest-stellung und Planergänzung - vollständig aus dem Instrumenten-Flugbetrieb (IFR) herausgelöst und dadurch ausschließlich dem Sichtflugbetrieb (VFR) auf völlig neuen Flugstrecken zugeordnet.
5. Die Belegungsdichte der neuen Flugrouten durch Anteile der neuen Flugzeuggruppen gemäß AzB 2008 wurde im Vergleich mit derjenigen aus dem Planergänzungsbeschluss erheblich verändert. So wurden bei vielen Gruppen die Flugbewegungen sowohl am Tage, als auch in der Nacht auf der neuen Südbahn konzentriert, wodurch eine gewisse Lärmentlastung der Wohn-gebiete unter den verbleibenden An- und Abflugstrecken der BER-Nordbahn sowie der Anflugstrecke der BER-Südbahn erreicht wird, während das neue Gebiet unter den Abflugstrecken der BER-Südbahn erheblich lärmbelastet wird.
6. Auffällig ist, dass Großraumflugzeuge vom Typ A 380 Im DES-Flugzeugmix des Jahres 20XX überhaupt nicht vorgesehen sind, obgleich beim z. Zt. realisierten Ausbauzustand des Flughafens BER entsprechende Andockbrücken zum Aus- und Einsteigen vorgesehen sind – ein Widerspruch oder ebenfalls Planungsfehler ?
7. In der Anlage sind – mit gleichem Berechnungsverfahren gemäß AzB-DLR (Stand 1999) - für das 60 dB(A) Tagschutzgebiet – zur Vereinfachung zunächst nur auf der Westseite des Flughafens - die Grenzwert-Isokonturlinien dargestellt. Dabei wurde das Pro-gramm so abgewandelt, dass wirklich die Verhältnisse dieses CPA-Berechnungsverfahrens der AzB-DLR hergestellt worden sind:
• Die akustischen und flugdynamischen Daten der neuen Flugzeug-gruppen wurden auf den Stand der AzB DLR (1999) zurückgeführt.
• Die Schallabstrahlungs-Richtcharakteristika der neuen Gruppen wurden nicht berücksichtigt. Für die Bestimmung der frequenz-abhängigen Abstrahlungs-Zusatzdämpfung Az/dB(A) für die Schallausbreitungsdämpfung der Luftstrecke sowie Bz/dB(A) für die Schallausbreitungsdämpfung der Erdboden-Gleitwellen wurden die Koeffizienten dn und Gn der AzB-DLR verwendet, um die sich aus der kürzesten Vorbeiflug-Sichtentfernung Rmin resultierenden, zusätzlichen Schallausbreitungs-Dämpfungswerte ermitteln zu können.
• Aus der gleichen Vorbeifluggeometrie wurden sowohl der maximale Vorbeiflugpegel Lmax/dB(A), als auch die Vorbeiflugdauer t10 – unter Verwendung der alten Koeffizienten a und b der AzB-DLR bestimmt, mit deren Hilfe der Dauerschallpegelbeitrag Leq ermittelt wurde.
An diesen aufgeführten Beispielen ist zu erkennen, dass die in allen Beschlüssen bisher genannten Hinweise zur Benutzung der AzB-DLR – ohne diese detaillierten Zusatzhinweise – als prinzipiell undefiniert zu bezeichnen sind. Eine teilweise oder vollständige Missachtung dieser Hinweise öffnet Türen und Tore für bewusste oder auch unbewusste Manipulationsmöglichkeiten bei der Interpretation der Berechnungs-ergebnisse. Außerdem ist durch diese Unbestimmtheiten eine eindeutige Nachvollziehbarkeit der jetzt vom BAF über FBB vorgelegten Berechnungsverläufe und –ergebnisse nicht gegeben.
Das neue DES ist unter Berücksichtigung der zu erwartenden Flugbewegungsdaten des Jahres 2015 erstellt worden und zeigt dadurch einen weiteren Widerspruch zu den bisher angenommenen Verhält-nissen im Prognosejahr 20XX, das inzwischen in mehreren Stufen über 2023 bei jetzt 2015 „gelandet“ ist, obgleich bisher niemand offiziell bekanntgegeben hat, dass 2015 mit 20XX gleichzusetzen ist ?
Die jetzt durch mich durchgeführten Berechnungen für den Berech westlich des Flughafens zeigen – im Unterschied zu den bisher von der FBB veröffentlichten Karten – dass das durch die südliche Abknickung des Flugverkehrs und die beabsichtigte Konzentration der Flugbewegungen insbesondere der größeren Flugzeugmuster auf die BER-Südbahn betroffene Gebiet wesentlich größer ist und nicht nur einen kleinen Teil von Dahlewitz erfasst, sondern bis nach Jühnsdorf reicht.
Die durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass nicht nur bei der Planung und Bauausführung am Flughafen sowie bei der Durchführung des Schallschutzprogramms „gemogelt“ worden ist, sondern auch schon bei der Ermittlung der maßgeblichen Ausgangsdaten für die Bestimmung der durchzuführenden Schallschutzmaßnahmen !
Aber noch viel entscheidender als alles bisher Gesagte ist die Tatsache, dass bis 2015 der BER noch gar nicht seinen geplanten Betrieb aufgenommen haben wird, d. h. auch dieses DES ist heute schon wieder Makulatur !