Die Sonne steht tief über dem Horizont, langsam ziehen dunkle Regenwolken über der südlichen Start- und Landebahn auf und nähern sich der scheinbar endlosen Reihe von Fluggastbrücken. Monumental thront darüber das dauerbeleuchtete BER-Terminal – baugewaltiger Zeuge, menschlicher Fehlplanung. Nur bei den riesigen Leuchtbuchstaben des unfreiwilligen Namensgebers „Willy Brandt“ sind bereits einige Buchstaben ausgefallen. Ein Zeichen?
Ein kühler Wind weht durch die menschenleeren Schluchten von Europas größter Verkehrsbaustelle. Kilometerlange Bauzäune schlängeln sich um ungenutzte Gebäudekomplexe und leere Parkhäuser, unter unbefahrenen Hochstraßen hindurch und über Plätze im Tiefschlaf, die langsam von der Natur zurückerobert werden. Über allem schwebt eine unwirkliche Stille, nur vereinzelt unterbrochen von vorbeirauschenden Autos oder durchstartenden Flugzeugen am nahen Flughafen Berlin Schönefeld.
Wo nach den Vorstellungen der BER-Verantwortlichen ein internationales Luftfahrtdrehkreuz bereits seit Jahren viele Millionen Passagiere bewegen soll, herrscht an diesem Abend totaler Stillstand. Einziger Gast, ein Fuchs, der völlig entspannt seines Weges kommt und mit einem eleganten Sprung in einem leerstehenden Parkhaus verschwindet.
Nur für ihn scheint die große, kreisrunde Werbeinstallation eines deutschen Chemiekonzerns an einer BER-Einfahrt zu sein und nur für ihn prangt auf den Fluggastbrücken des Airports weithin sichtbar das Logo eines bekannten deutschen Autovermieters.
Ein paar Meter weiter reckt sich eine mehrgeschossige Baucontainer-Stadt gen Abendhimmel. Nichts rührt sich. Dicke Vorhängeschlösser an den Bauzäunen und herabgelassene Jalousien vermitteln den Eindruck, dass hier wohl schon lange kein Planer mehr plant und kein Bauarbeiter sein meisterliches Tagwerk verrichtet. Dabei gäbe es offensichtlich mehr als genug zu tun. Überall deuten Betonsilos, Baugerüste und angehäufte Kiesberge auf unterbrochene Bauarbeiten hin. Fertig, das sind höchstens die BER-Anrainer mit dem Großprojekt-Desaster.