Mit seiner Entscheidung, im Sinne des Planfeststellungsbeschlusses „Nachtflug BBI/BER – Schönefeld“ 300 000 Menschen nicht nur am Tage sondern auch in der Nacht durch Flugbetrieb verlärmen zu lassen, hat sich der 4. Senat zum willfährigen Vollstrecker von Politikern wie Wowereit (SPD) und Platzeck (SPD) gemacht. Diese Politiker, im Gefolge alle Parteien und ihre Abgeordneten, wollten den BBI/BER in Schönefeld, wollen 300 000 Menschen am Tage und in der Nacht verlärmen. Die Richter hatten gegenüber verrückt gewordenen Politikern nicht den Mut, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, das Recht auf Nachtruhe und Gesundheitsschutz, zur Maxime ihrer Entscheidung zu machen. Sie haben es vorgezogen die zweifelhaften politischen Interessen, die zweifelhaften wirtschaftlichen Interessen von Fluggesellschaften und der staatseigenen Flughafengesellschaft (FBS) den Vorrang vor Grundrechten zu geben. Sie müssen sich darum fragen lassen, wie sie es verantworten, die Zeit der Nachtruhe für Generationen von Fluglärmbetroffenen auf fünf Stunden zu dezimieren. Sie müssen sich fragen lassen, wie sie es vor dem Hintergrund von Grundrechten verantworten können, wenn in der Nachtzeit zwischen 22:00 und 0:00 sowie zwischen 5:00 und 6:00 Uhr bis zu 113 Flugbewegungen den Lärmterror bestimmen. Sie müssen sich fragen lassen, was sie geritten hat, als sie mit ihrer Entscheidung die Nachtzeit zur Hauptbetriebszeit des Flughafens gemacht haben. Die Folgen haben sie zynisch ignoriert. Kleinkinder, Erwachsene, Gebrechliche und Senioren sollen gegen diesen Terror durch schalldichte Fenster und künstliche Ventilatorenbelüftung in Räumen mit erzeugtem Überdruck Nachtruhe finden. Richtig: Sie werden vor Fluglärm geschützt, um den Preis ungesunder Luftverhältnisse und Ventilatorengeräusche.
Es bleibt festzuhalten: Kein Politiker, kein Richter, keine ihrer Ehefrauen, keines ihrer Kinder oder Enkelkinder ist bereit, unter solchen Bedingungen ihr Leben zu fristen. Fragen Sie doch da mal nach, meine Herren Richter! Nein, sie verachten mit dem Urteil den Grundsatz humanen menschlichen Zusammenlebens der da lautet: „Was Du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu“!
Für Fluglärmbetroffene und nachdenkliche Zeitgenossen haben sich die Richter des 4. Senates selbst als ernstzunehmend infrage gestellt. Ihre gesamte Urteilsbegründung hörte sich nach Bauchrednerei aus dem tatsächlichen Mund von Wowereit und Platzeck an.
Die Richter müssen sich wenn sie in den Spiegel sehen fragen lassen, ob nicht ihre willkürliche Neufestsetzung der Nachtzeit der dumme Trick ist, mit dem sie die Auflösung der Nachtruhe begründen. Wie können des Lesens und Schreibens kundige Menschen Nachtzeiten nach 22:00 Uhr oder vor 6:00 Uhr als „Nachtrandzeiten“ definieren? Ausweislich des Verständnisses der deutschen Sprache, aller Gesetzgebung, die sich mit der Nachtdefinition auseinandersetzt, liegen doch Nachtrandzeiten vor der Nacht oder nach der Nacht.
Ebenso dumm und durchsichtig ist dann auch die aus dem Planfeststellungsbeschluss unbesehen übernommene Behauptung, dass es für den Nachtflug einen unabdingbaren Bedarf gibt. Fast in hymnischen Formulierungen wird dann ein Gutachten verehrt, nach dem der prognostische Beweis für den Nachtflugbedarf unzweifelhaft belegt sei. Da hat das intellektuelle Niveau, die Kenntnisse unseres marktwirtschaftlichen Ordnungssystems, nicht mehr gereicht. Ganz im Sinne dieses Gutachtens, dass das System der Marktwirtschaft auf den Kopf stellt, wird das Angebot von Flugzeugen, die fliegen wollen zur Nachfrage nach Flugbetrieb umfunktioniert. Die eigentlichen Nachfrager im Flugbetriebsmarkt, potentielle Fluggäste, stehen nämlich für Nachtflüge nicht zur Verfügung. Da hat das Gericht in der Verhandlung wohl geschlafen, als es auf eine repräsentative Meinungsbefragung vom August 2011 (TNS Emnid) hingewiesen wurde, nach der 95% der Bevölkerung eben nicht in der Nacht zwischen 22:00 und 6:00 Uhr fliegen wollen. Einfach hingenommen haben dann die schlafenden Richter, dass sich die Flughafengesellschaft, unter Hinweis auf das Betriebsgeheimnis, geweigert hat, ihr bekannte Daten zur Nachtflugnachfrage durch Kunden vorzulegen. Ein Gericht, das sich so abspeisen lässt, selber kein Interesse an der Wahrheitsfindung hat, darf sich nicht beklagen, wenn es nicht mehr ernst genommen wird.
Um das Überangebot von Flugzeugen nach Wünschen der Fluggesellschaften auch in der Nacht in die Luft gehen zu lassen, werden dann die Passagiere über Reisebüroangebote für die Nachtflüge zwangsrekrutiert. D.h., sie wie die Fluglärmgeplagten werden mit Richterhilfe um die Nachtruhe gebracht, damit Profite erzielt werden können. Wer als Befürworter von Gewinnmaximierungsmethoden nicht rot wird, ist entweder dumm oder skrupellos.
Aus diesem Schandurteil müssen Konsequenzen gezogen werden. Es geht um mehr als um die Frage Nachtflug „Ja“ oder „Nein“. Es geht darum, ob Grundrechte von Politik und Gerichten noch ernst genommen werden. Nach dem Beispiel dieses Urteils und den Hintergründen, die die Richter mit politischen Interessen gemein werden ließen, geht es auch um den Rechtsstaat und die Glaubwürdigkeit seiner Organe und Behörden. Offensichtlich reicht es der sich auch als Elite verstehenden Kaste nicht, dass Politik, Finanzwirtschaft und der Europagedanke schon im Sumpf von Unglaubwürdigkeit stecken. Keiner kann behaupten, dass hier Links – oder Rechtsradikale am Werke sind, die unsere Ordnung untergraben und unglaubwürdig machen. Wer verfolgt, mit welcher Brachialgewalt der BBI/BER Standort Schönefeld gegen den Willen der Betroffenen durchgesetzt wurde, wer verfolgt, welche Opfer, finanziell und im persönlichen Einsatz die Betroffenen zur Vertretung ihrer Rechte schon erbracht haben, der kann sich nur angewidert abwenden, wenn er erlebt, wie seine Rechte und seine Interessen auch mit Richtergewalt auf den Müllhaufen politischen Versagens und politischer Skrupellosigkeit geworfen werden.
Aus dieser Situation müssen die Lärmopfer nun endlich die richtigen Schlussfolgerungen ziehen:
Macht kaputt, was euch kaputt macht! Der Standort muss weg, weil nur so Generationen von Menschen vor den zynischen Fehltritten ebenso zynischer Politiker bewahrt werden können. Das Urteil ist darum eine Lehre! Wer glaubt mit braven Forderungen auf Gnade durch die Politik sich und andere vor dem Fluglärm bewahren zu können dem ist nicht mehr zu helfen. Jetzt ist es Zeit die Forderungen nach anderen Flugrouten (welchen eigentlich?) dem Verzicht auf Flughafenausbau und besserem Lärmschutz mit Gegenmacht zu begegnen. Die Zeit für Illusionen ist spätestens mit diesem Urteil beendet. Alle Illusionäre werden nun belehrt, dass eine triumphierende politische Kaste alle braven Bemühungen nach Nachtflugverboten mit einem Rechtstitel abschmettern wird.