Experten raten zu Widerspruch bei Schallschutz (aus Märkische Allgemeine Zeitung vom 11.10.2014)
Rund um den geplanten Hauptstadtflughafen BER haben rund 3000 Menschen Anspruch auf Schallschutz in ihren Wohnungen beziehungsweise Häusern. Experten raten dazu, gegen die Bescheide Widerspruch einzulegen. Damit wird ein lange währender Streit weiter zugespitzt
Schönefeld. Die Flughafengesellschaft hat nach eigenen Angaben derzeit rund 3000 Anspruchsermittlungen für den Schallschutz im Bereich der südlichen Start- und Landebahn des BER versendet. Die Eigentümer könnten jetzt die erforderlichen Baumaßnahmen beauftragen oder würden eine Entschädigungszahlung in Höhe von 30 Prozent des schallschutzbezogenen Verkehrswertes erhalten, heißt es in einer Pressemitteilung des Flughafens Berlin-Brandenburg. Damit könnten die Anwohner im Bereich der Südbahn sofort mit dem Einbau von Schallschutzmaßnahmen starten.
Expertin attestiert vielen Gutachten Fehler
Kritik an dieser Darstellung kommt von der Arbeitsgruppe Lärmschutz im Verband Deutscher Grundstücksnutzer sowie der Arbeitsgruppe Schallschutz des BVBB „Wenn diese Anspruchsermittlungen durchweg sorgfältig, fehlerfrei und in Zweifelsfällen sogar zu Gunsten der Bürger erstellt worden wären, könnten viele Südbahn-Anwohner tatsächlich zügig die notwendigen Umbauten beauftragen und damit sicherstellen, dass der Schallschutz mit Beginn des Flugbetriebes auf der neuen Südbahn vorhanden ist. Leider aber gibt es damit eine Reihe von Problemen“, sagt Christine Dorn, Vorsitzende des Vereins umweltverträglicher Verkehr (VUV) und Mitglied beider Arbeitsgruppen.
Falsche Routen werden als Berechnungsgrundlage genommen
Die Flughafen Berlin-Brandenburg Gesellschaft (FBB) habe entgegen bisherigen Berechnungen der alten Kostenerstattungsvereinbarungen grob zu Ungunsten der Anwohner nur mit „neuen, abgeknickten“ Flugrouten gerechnet. Richtig wäre es gewesen die alten Geradeaus-Routen der Planfeststellung zugrunde zu legen.
Die neuen Routen wären dann nur für die Anwohner anzuwenden, die durch die neuen Flugrouten erstmalig oder stärker betroffen sind. „Mit dieser ausschließlichen Anwendung abknickender Flugrouten wird der Schallschutz mit bis zu sieben Dezibel zu gering dimensioniert und damit erheblich an Kosten gespart, zulasten der Gesundheit und Lebensqualität der Anwohner“, so die Kritik der Vereine.
Experten raten zu Widerspruch
Absurd werde es, wenn infolge der Anwendung neuer Flugrouten bereits zugesagte Schallschutzfenster für Schlafzimmer verweigert würden. Ganze Siedlungen und Straßenzüge in Blankenfelde, Bohnsdorf und Eichwalde seien von den Veränderungen betroffen. Sie würden einem niedrigeren Pegelbereich zugeordnet und hätten damit weniger Anspruch auf baulichem Schallschutz in der Nacht.
VDGN und BVBB empfehlen, die verschickten Unterlagen zu prüfen und sich Rat einzuholen. „Auf keinen Fall sollten Verzichtserklärungen unterschrieben werden.“ Dorn rät ebenso zu schriftlichem Widerspruch bei FBB, Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft sowie der gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde. Beratungen bieten auch die Landkreise der Region an.
Von Uta Schmidt