Nach diversen Berichten soll sich Flughafenchef Mehdorn über den Stand der Umsetzung des Schallschutzes am BER “sorgen”. Denn die für 2015 geplante Sanierung der Nordbahn wäre gefährdet, weil bisher nur für einen Bruchteil der rund 4300 Haushalte Schallschutz bewilligt worden sei. Passend dazu lässt die Gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde verlautbaren, dass die notwendigen Voraussetzungen zur Inbetriebnahme der Südbahn „noch nicht erfüllt“ wären.
Nach Auffassung des BVBB spielen Flughafen und Aufsichtsbehörde der Öffentlichkeit eine Schmierenkomödie vor. Denn genau so wie die Behörde über Jahre den systematischen Betrug beim Schallschutz durch den Flughafen deckte, genau so deckt sie nun auch dessen neue Betrugsmasche.
Im Einzelnen geht es um die am 21.09.2011 vor dem Bundesverwaltungsgericht abgegebenen Prozesserklärungen. Denn im Zusammenhang mit der aufkeimenden Diskussion über die Flugrouten forderte damals der 4. Senat am Bundesverwaltungsgericht von Behörde und Flughafen “Zugeständnisse” ein.
Für die Aufsichtsbehörde musste deren Leiter Michael Bayr im Gerichtssaal verbindlich erklären, dass sich einerseits für die so genannten Alt-Betroffenen durch die neuen Flugrouten nichts ändern wird. D.h. die Daten zu Flugbewegungszahlen, Flugzeugtypen und Flugrouten aus dem Planfeststellungsbeschluss bleiben auch weiterhin Grundlage für die Dimensionierung des Schallschutzes (Verschlechterungsverbot). Andererseits aber forderte das Gericht auch, dass alle durch die neuen (auffächernden) Flugrouten erstmalig oder stärker Betroffenen schnellstmöglich den gleichen Schutz nach Planfeststellung erhalten sollen.
Nach Analyse zahlreicher, aktuell von der Flughafen Berlin-Brandenburg (FBB) versendeter Anspruchsermittlungen kommt der BVBB zu dem Schluss, dass Behörde und Flughafen den ersten Teil der Prozesserklärungen klammheimlich aufgekündigt haben. Denn allen Berechnungen liegen bisher nur die neuen Flugrouten zugrunde. Dadurch wird den Anwohnern unter den Anflugrouten der Südbahn der ihnen rechtlich zustehende Schallschutz nach Planfeststellung erneut verwehrt. Die Missachtung des Verschlechterungsverbots führt zu der absurden Situation, dass zahlreiche Eigentümer im Nachtschutzgebiet, denen in der alten Kostenerstattungsvereinbarung noch Schallschutzfenster für Schlafzimmer zugebilligt wurden, nunmehr mit der Neuberechnung nach dem Urteil des OVG vom 26.04.13 zum Tagschutz leer ausgehen sollen.
Wegen des systematischen Verstoßes gegen den Inhalt der Prozesserklärungen sind aus Sicht des BVBB alle bisher ausgereichten Anspruchsermittlungen erneut dem Grundsatz nach falsch. Versprochen hatte Herr Mehdorn den Bürgern zwar schriftlich, den bestmöglichen Schallschutz zu realisieren - in der Praxis aber soll es unter Missachtung der Rechtslage offensichtlich der billigste werden.
Der Vorsitzende des BVBB, Matthias Stefke, erklärt dazu: “Wir erleben derzeit, wie sich die Kandidaten zur Landtagswahl in Brandenburg in ihren Versprechen für die Betroffenen überschlagen. Bisher aber war deren Wort noch nie nach einer Wahl etwas wert. Die einzige Sprache, die die rot-rote Landesregierung offensichtlich versteht, sind Klagen. Wir haben deshalb, gleich nach dem sich die neue Betrugsmasche abzuzeichnen begann, dagegen Klage beim OVG erhoben”. Die mündliche Verhandlung dazu findet am 8. und 9. Dezember 2014 vor dem OVG Berlin-Brandenburg statt.
“Mit Spannung”, so Stefke weiter, “ erwarte ich auch die Haltung der Genehmigungsbehörde, wenn die Wahl in Brandenburg vorbei ist, insbesondere, ob die von der Behörde selbst ins Spiel gebrachte Sechsmonatsfrist zur baulichen Umsetzung des Schallschutzes dann noch Bestand haben wird.”