BVBB-Presseinfo vom 22.07.2011
Das Imperium schlägt zurück – Flughafenlobby gegen Bundesumweltamt und für Nachtflüge
Die in der „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Flughäfen (ADV) versammelte Flughafenlobby (unter anderen: Initiative Luftverkehr für Deutschland“) ist aufgeschreckt. Sie fordert das Umweltbundesamt, seinen Präsidenten, Jochen Flasbarth auf, keine weiteren Nachtflugverbote zu fordern. Dass das Bundesumweltamt in Kenntnis der Gesundheitsgefahren die Nachtflüge bei weit über 100 000 Menschen an Deutschen Flughäfen auslösen, zu dieser Forderung dank Funktion und Aufgabe verpflichtet ist, stört die Lobbyisten nicht.
Mit der dummen Behauptung, dass die Forderung nach Nachtflugverboten „die Bemühungen um Lärmschutz“ konterkariert, soll Angst und Schrecken verbreitet werden. Den angeblich wirtschaftlichen Schaden durch Nachtflugverbote als Grund für die Inkaufnahme der Verletzung des Rechtes auf Nachtruhe und von Gesundheitsschäden vorzuschieben, belegt die Rücksichtslosigkeit der Branche, vertreten durch die Lobbyorganisation ADV.
Die Behauptung, dass Reisenden durch Nachtflugverbote Schaden zugefügt wird, ist an Dreistigkeit nicht zu übertreffen. Die ADV verschweigt, dass es keinen Nachtflugbedarf der „Reisenden“ gibt. Es gibt keinen Nachtflugbedarf potentieller Passagiere, weil kein vernünftiger Mensch in der Nacht freiwillig fliegen will. Darum werden Reisende zwangsrekrutiert, Reiseveranstalter auf Nachtflugangebote getrimmt. Diese Wahrheit wird verschwiegen, weil es darum geht, das Produktionsmittel Flugzeug nach Möglichkeit 24 Stunden einzusetzen. Dafür werden Passagiere gebraucht. Ihnen wird Schaden zugefügt, weil sie genau so um die Nachtruhe gebracht werden, wie die Menschen, die in Einflugschneisen leben.
Die Keule, mit der gegen weitere Nachtflugbeschränkungen losgeschlagen wird, ist der Koalitionsvertrag von CDU und FDP. Da werden auch naive Politiker gleich in Haftung genommen. Natürlich verschweigt der Lobbyverein, wie diese Aussage in die Koalitionsvereinbarung gekommen ist. Dahinter steckt der Lobbyverein ADV selbst. In diesem Verein haben sich bekanntlich alle Luftfahrtlobbyisten zusammen gefunden. Zu diesen Lobbyisten gehören vier Bundesministerien (Verkehr, Wirtschaft, Inneres, Finanzen, und Umwelt), die mit der ADV gemeinsam die „Initiative Luftverkehr“ ausmachen. Damit auch auf Länderebene nichts passieren kann, was den Interessen der Flugbetriebswirtschaft entgegen läuft, befinden sich auch noch sechs Bundesländer (Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, NRW) als Lobbyisten in dieser „Initiative Luftverkehr“.
Es ist ein Skandal erster Ordnung, dass die Parlamente es dulden und hinnehmen wie hier eine Interessenverquickung installiert ist die mit der geforderten Unabhängigkeit von Regierungen und Behörden, mit den Grundsätzen des Rechtsstaates nichts zu tun hat. Wer sich Ziele und Arbeitsprogramm dieser Lobbyorganisation ansieht, wird leicht feststellen, dass es nur um ein Ziel geht: Der Luftverkehr muss vor der Umwelt und betroffenen Menschen geschützt werden. Nur an dieser Verquickung ist schon sichtbar, wie in wichtigen Bereichen die Bundesrepublik zur Bananenrepublik mutiert. Wer die Mechanismen kennt, derer sich diese Lobbyorganisation bedient, wird erahnen können, wie eifrig jetzt darüber nachgedacht wird, wie das Bundesumweltamt und sein unbotmäßiger Präsident an die Kette gelegt werden können. Er darf jetzt erwarten, dass das „Imperium“ weiter zurückschlägt. Schließlich geht es ja auch noch darum die Richter des 4. Senates des Bundesverwaltungsgerichtes, die ab 21. Sept. über die Nachtflugklage BBI – Schönefeld entscheiden müssen, auch auf diesem Weg wissen zu lassen, was sich die mächtige Lobbyorganisation an Entscheidung wünscht. Bei der Einstellung zum Recht auf körperliche Unversehrtheit soll eben Nachts geflogen werden, weil ein behaupteter wirtschaftlicher Erfolg wichtiger ist als die Gesundheit von Menschen. „Hinnehmbarer Schaden“ nennen kaltblütige Wirtschaftsvertreter den Raub der Nachtruhe.
Kristian-Peter Stange
BVBB-Pressesprecher
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