Warum der schlechteste aller Standorte für den Hauptstadtflughafen BER im so genannten Konsensbeschluss von 1996 das Rennen machte, erklärte der ehemalige Ministerpräsident von Brandenburg, Manfred Stolpe (SPD) im Interview mit der Berliner Zeitung vom 26.05.11. Danach habe der Bund entschieden, sich nur auf die beiden Luftkreuze Frankfurt und München zu konzentrieren. Mit einem 24-Stunden-Flugverkehr in Sperenberg aber wäre zumindest für München eine ernsthafte Konkurrenz erwachsen. So will es Stolpe in seiner Zeit als Bundesverkehrsminister von einem leitenden Mitarbeiter des Ministeriums erfahren haben.
Derzeit erlebt die bundesdeutsche Öffentlichkeit ein beispielloses Chaos um den “zu spät, zu klein, zu teuer” geplanten Hauptstadtflughafen BER und muss erkennen, die Strategie der Bayern, sich auf Dauer die unliebsame Konkurrenz vom Hals zu halten, ist voll aufgegangen. Hauptschuldige an dem Desaster, das seinen Anfang mit der falschen Standortwahl nahm, sind Diepgen (CDU) und Stolpe (SPD) sowie deren Nachfolger Wowereit und Platzeck (beide SPD). Letztere haben wegen ihrer Inkompetenz den internationalen Ruf Deutschlands so nachhaltig beschädigt, dass selbst die altehrwürdige New York Times spottete: “Berlin - we can do everything, but nothing right”.
Dabei könnte es Auswege aus dem jetzigen Dilemma geben, wenn Wowereit und Platzeck nur einmal ein mögliches Scheitern im Blick gehabt und in der Vergangenheit nicht alle Brücken für einen Plan B eingerissen hätten. Denn die naheliegende aller Lösungen, nämlich den Flughafen Tegel parallel zum BER weiter zu betreiben, haben sie ohne Not verschenkt, in dem sie die Eröffnung des BER rechtsverbindlich mit der Schließung von Tegel verbanden.
Doch es gibt eine Lösung. Der Flughafen BER gilt erst als eröffnet, wenn die luftseitigen Anlagen, insbesondere die neue Südbahn und die dazugehörigen Rollwege und -felder in Betrieb genommen würden. Erst dann nämlich muss Tegel spätestens nach 6 Monaten vom Netz genommen werden. Dagegen stände einer Nutzung des neuen Terminals am BER aus luftverkehrsrechtlicher Sicht nichts im Wege, sofern die Verkehre ausschließlich über die Nordbahn abgewickelt würden.
Was wären die Vorteile eine solchen Übergangslösung?
a) Die Summe der Abfertigungskapazitäten an beiden Standorten würde noch für Jahre ausreichend sein.
b) Die räumliche Trennung der Anbieter von Premium- und Billigflug bliebe aufrecht erhalten. Die unterschiedlichen Gebühren an beiden Standorten würde von den Luftfahrtgesellschaften weiter toleriert.
c) Man gewinnt Zeit, um die landesplanerischen Beschränkungen externer Standorte, wie Cottbus-Drewitz und Neuhardenberg, aufzuheben und um mit deren Ertüchtigung für den Billigflug durch deren Betreiber zu beginnen. Ziel muss eine Entlastung des künftigen BER im Bereich der Abfertigung sein, in dem das Segment der Billigflieger auf die Satellitenstandorte verteilt wird.
d) Die Flughafenbetreiber bekommt Zeit, um das brachliegende Schallschutzprogramm nach den Anforderungen des Planfeststellungsbeschlusses vollständig umzusetzen.
f) Die Kosten für das Schallschutzprogramm würden über die Zeit der Offenhaltung von Tegel gestreckt. Bei einem dauerhaften Weiterbetrieb von Tegel würden diese weitestgehend entfallen.
Damit einhergehend wäre ein Zugewinn an Rechtssicherheit, da Gerichte sich nicht noch einmal mit der Frage beschäftigen müssten, ob die Eröffnung des BER auch ohne Schallschutz möglich ist. Denn die Verschiebung der ursprünglich für den 3. Juni geplanten Inbetriebnahme hat auch gezeigt, dass deshalb nicht gleich die Welt zusammenbrechen würde. Das negative Image des BER ist inzwischen so groß, dass keiner heute seriös sagen kann, wie die Richter noch einmal in dieser Frage entscheiden würden.
Im Übrigen hatte der BVBB in diversen Pressemeldungen, zuletzt am 23.11.2012, auf noch offene Rechtsfragen beim Schallschutz hingewiesen, wie die pauschale Anwendung der Kappungsgrenze und dem Stichtag für den Wertermittlung bei Immobilien.
Der BVBB fordert deshalb die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg auf, ernsthaft über eine längere Offenhaltung von Tegel nachzudenken und zwar so lange, bis es eine in jede Richtung vernünftige Lösung für das derzeitige Chaos am BER gibt.
Die einzig vernünftige Lösung des BER-Chaos in Schönefeld sieht der BVBB unverändert darin, einen entwicklungs- und zukunftsfähigen Zentralflughafen für Deutschland an einem geeigneten menschenverträglichen Standort in Brandenburg zu errichten und zu privatisieren. Eine wirtschaftlich sinnvolle Nachnutzung der BER-Bauten in Schönefeld ist ohne Weiteres möglich und in dem Nachnutzungskonzept des BVBB plausibel aufgezeigt.